Mittwoch, Februar 08, 2006

Die heilige Idda, Gräfin von Toggenburg, Fortsetzung 1

Fortsetzung nach dem Vorwort

1. Das Leben der heiligen Idda, Gräfin von Toggenburg

Der Humanist P. Albrecht von Bonstetten OSB (zirka 1443 bis zirka 1503) Dekan in Einsiedeln, schrieb am 25. November 1481 auf Bitten des Abtes Heinrich IV., Scheuchti von Luzern (1469 bis 1510), in Fischingen aus alten Urkunden eine Lebensgeschichte der heiligen Idda, Vita divae Iddae ex codicibus descripta. Der Inhalt dieser lateinisch geschriebenen Idda-Legende deckt sich wesentlich mit jenem deutschen, der Handschrift des Klosters Töß (Winterthur), jetzt in St. Gallen. Die genannte Handschrift lautet, in der von mir in die heutige deutsche Sprache übertragen, folgendermaßen:

"Wir lesen von der heiligen Idda, daß sie eine Gräfin von Kirchberg in Schwaben war und mit einem Grafen auf der alten Toggenburg vermählt wurde. Dieser schenkte ihr einen goldenen Ring, wie es unter großen Herren üblich ist.
Nun fügte es sich nach vielen Jahren, daß die selige Frau Idda ihre Kleinodien sonnen wollte. Sie legte sie auf ein Fenstergesims an die Sonne, dazu ihren Ehering und andere Kleinodien. Nun befindet sich unter dem Hause Toggenburg eine große Waldschlucht, der sogenannte Rappenstein.
In diesem Tobel hatten Raben ein Nest mit Jungen. Darauf flog der alte Rabe auf die Burg zum Fenstergesimse, wo die Kleinodien lagen samt dem Ringe, der der lieben Frau St. Idda geschenkt worden war, und trug ihn auf sein Nest, in dem er seine Jungen hatte. Gott fügte es so, da er ein großes Zeichen durch die liebeFrau Idda wirken wollte.
Nun traf es sich, daß der Schloßherr die Jäger auf die Jagd sandte. Da hört einer der Jäger die jungen Raben auf einer Tanne und fand den Ring im Neste. Er freute sich sehr darob und steckte den Ring an seine Hand.
Nachdem er den Ring lange getragen hatte, sahen es die anderen Knechte, daß er den Ring trage. Da sah einer den anderen an, denn einer von den Knechten kannte den Ring als denjenigen, den der Herr seiner Frau zur Ehe geschenkt hatte, er ging zum Herrn und sprach: "Herr, ich weiß, wie es sich verhält, denn ich glaube, daß der Jäger mit Ihrer Frau Beziehungen hatte."
Da antwortete der Herr: "Gott bewahre."
Darauf sprach der Kencht: "Ich will Ihnen den Beweis erbringen." Und er brachte den Jäger vor den Herrn, zog den Ring von seiner Hand und sprach: "Schauen Sie her, ist das nicht der Ring, den Sie Ihrer Frau zur Ehe geschenkt haben?"
Er besah ihn und gestand, daß er ihn seiner Frau Idda zur Ehe geschenkt habe. Sofort ließe er seinen Jäger gefangen nehmen, an den Schweif eines wilden Pferdes binden und das Roß den Berg hinablaufen. So starb der Jäger.
Darauf kam er mit großem Ingrimm zu seiner Frau, ergriff sie voll Zorn und warf sie über den nackten Felsen in das Tobel, das hundert Klafter tief ist.
Während des Falles ruft sie in ihrem Herzen gar ernst Gott an und bat ihn, er möge sie behüten. Sollte sie am Leben bleiben, so wolle sie sich mit keinem Manne mehr verbinden und Gott dienen bis zu ihrem Ende. Gott erhörte sie, sodaß sie unversehrt zur Erde kam.
Nun ging sie weit in dem Tobel vorwärts und lebte nur von Wurzeln und lobte Gott den Allmächtigen.
Da fügte es sich, daß der Herr einen andern Jäger mit einem Jagdhunde auf die Jagd sandte. Dieser Jäger kam in die Waldschlucht Rappenstein.
Wie nun die liebe Frau Idda Speise sucht, kommt der Hund auf ihre Fährte und sucht sie schon, sodaß der Jäger wähnt, er suche ein Wild und sprach ihm zu, bis er in ein Gebüsch kam. Da fand er die liebe Frau Idda.
Er zog aus diesem Gehölze weg, kam zu seinem Herrn und sprach: "Gott sei gelobt, daß Ihre Frau noch am Leben ist."
Da antwortete ihm der Herr und sprach: "Das glaube ich nicht, denn sie ist in tausend Stücke zerfahren."
Der Jäger antwortete und sprach: "Wenn ich nicht die Wahrheit gesagt habe, so schlagt mir das Haupt ab, denn ich habe sie gesehen und mit ihr geredet. Sie hat mir erklärt, Sie hätten an ihr Unrecht getan."
Da ging der Herr mit dem Jäger in das Tobel Rappenstein. Sie nahmen den Hund mit. Da wies der Jäger den Hund auf die Fährte und sprach ihm zu. Nun folgte der Hund der Spur, bis er in die Höhle kam, in der die selige Frau Idda war. Sie kam demütig heraus. Da fiel ihr der Herr zu Füßen und bekannte, daß er an ihr Unrecht getan habe. Er bat sie um Verzeihung.
Da sprach sie züchtig: "Stehe auf und Gott vergebe Dir alle Deine Sünden."
Da stand er auf und bat sie, daß sie mit ihm wieder heimgehe. So wolle er das ihr zugefügte Uebel wieder gutmachen, da er ihre Frömmigkeit kenne. Er wolle den Knecht töten, der ihm die Lüge gesagt habe.
Da antwortete sie und sprach: "Gott bewahre, daß Du jemand meinetwegen tötest und daß ich mit Dir wieder heimgehe. Das will ich nicht tun, da ich nicht mehr Dein Weib bin."
Dann antwortete er und sprach: "Sprich nicht so, da ich an Dir alles wieder gutmachen will. Deshalb sollst Du mich als Gemahl nicht verschmähen."
Sie antwortete: "Du hast mich von Dir geworfen, deshalb werde ich nicht mehr die Deine. Ich habe einen anderen Gemahl, von dem ich mich nimmer scheide, das ist unser Herr Jesus Christus. Der hat mich bewahrt, daß mir am Leibe kein Leid geschehen ist, der will mich abseits behalten, auf daß mir auch an der Seele kein Leid geschehe. Deshalb bitte ich Dich, daß Du mir abseits der Welt eine Wohnung machest. Da will ich Gott dienen und nicht mehr in die Welt kommen, da ich von der Welt verworfen bin."
Nun fragte er sie, was sie begehre. Da bat sie, daß er ihr eine Klause mache in der Au bei der Kirche, die am Hörnli liegt und in der die Gottesmutter gnädig ist. Dies geschah. Sie lebte darin viele Jahre und ging alle Morgen nach Fischingen in das Münster zur Mette. Es ging alle Morgen ein Hirsch vor ihr her. Der trug zwölf Kerzen auf seinen Hörnern und zündete ihr bis zum Kloster und nach dem Amt der heiligen Mette wieder heim in die Klause. Dies tat sie lange Zeit. Als man vernahm, daß sie so heiligmäßig war, sorgte christliche Liebe für ihren Lebensunterhalt.
Nun war ein Frauenkloster in Fischingen bei dem Herrenkloster des heiligen Benediktusordens. Diese Frauen vernehmen von ihr durch ihre Geistlichkeit und baten sie, zu ihnen in ihr Gotteshaus zu kommen in ihre Wohnung. Dies tat sie unter dem Vorbehalt, daß man ihr eine eigene Wohnung lasse, da sie nicht bei ihnen wohne.
So machte man ihr eine verborgene Wohnung, worin sie eingeschlossen war, sodaß niemand zu ihr kommen konnte, noch sie hinaus. Sie hatte ein Sprechfenster, damit sie den Frauen sagen konnte, was ihr gebrach und nötig war.
Nun fügte ihr der Teufel sehr viel Leid zu, um sie zu verführen. Er erschreckte sie sehr, warf sie auf den Boden und an die Wand ihrer Zelle.
Als ihr nun einmal der Teufel das Licht auslöschte, ging sie an das Sprechfenster und sprach zu einem toten Leichnam, der ein Herr von Toggenburg war: "Steh auf und zünde mir ein Licht an." Da war ihr der tote Leichnam gehorsam, stand auf, brachte ihr Licht und sprach: "Idda, nimm hin das Licht von meiner Hand, von Toggenburg bin ich genannt."
Also empfing sie das Licht von seiner Hand und blieb fest, daß ihr der Teufel bis zu ihrem Ende nicht mehr schaden konnte.
Sie erwarb von Gott die große Gnade, daß allen, die sie anrufen, kein Gespenst des Teufels schaden könne. Darum bittet sie der Mensch in allerlei Gebrechen. Für Krankheit der Mutter oder Kopfweh ist sie bei Gott dem Allmächtigen eine Fürbitterin.
Sie starb und schied von dieser Welt in Gottes Willen. Am Tage nach Allerseelen begeht man ihren Jahrstag. Sie wurde bestattet und begraben im Münster zu Fischingen, vor dem Altare des lieben heiligen Sankt Niklaus, wo sie noch heutzutage leibhaftig liegt.

Nun fügte es sich im Jahre, da man zählt von der Geburt Christi 1440 (soll heißen 6. März 1414 (1410?) Der Uebersezter), daß das Kloster Fischingen und alle Gezierte darin verbrannten, am sechsten Tage des Monats März. Das Haupt der heiligen frommen Sankt Idda war in ein Bild gefaßt. Dieses Bild verbrannte, das heilige Haupt blieb unversehrt und wurde am dritten Tage gefunden und ist wiederum in ein Bild gefaßt."
Franz Troger, Abt inFischingen, ergänzte 1704 die Legende durch willkürliche Daten: Geburt 1156, Vermählung 1179, Felsensturz 1191, Aufenthalt in Fischingen 1218 bis 1226.

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