Legende und Geschichte
Zu Ennetbrück im unteren Dorfe in Escholzmatt führt uns vom Dorffeuerweiher hinweg ein bequemes Sträßchen zu einer reich bewaldeten Anhöhe. Zur einen Seite des Wanderers stolpern rauschend nie versiegende Quellen in Gräben dem stattlichen Dorfe zu, zur Speisung des Weihers und des nahefließenden Seltenbaches. Zur andern Seite grüßt gleich beim Bergaufstieg ein kleiner Hügel, es ist das "Hübeli beim Dorfe Escholzmatt". Die alten Entlebuchergeschichten berichten von einer Burgruine, die auf diesem Hübeli stand und bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein noch sichtbar war. Die Wahrheit dieses Berichtes wird bekräftiget durch ein altes, kürzlich zum Vorschein gekommenes Gemälde, das die uralte Dorfschaft von Escholzmatt darstellt, wobei sich auf diesem Hübeli die Ruine vorgemerkt findet. Heute heißt das Hübeli "Wildenmabödeli". Das Bödeli war ehedem ein beliebter Spielplatz der "meisterlosigen" Dorfbuben und zugleich der Ort, wo bis vor wenigen Jahren traditionsgemäß am Abend des Kirchweihfestes (St. Jakobstag, 25. Juli), alljährlich, hell leuchtend ins Dorf hinab, das sog. Jakobsfeuer brannte, unter mutigem Arrangement und fröhlicher Leitung der Dorfjugend.
Der Weg führt uns weiter, ziemlich stark steigend, in den Schwendelbergwald. Nach fünfzehn Minuten erreicht man die ungefähre Mitte des Berges, wo unter einer majestätisch entwickelten Buche in altehrwürdiger Weise ein großes Kreuz steht, zu dessen Fuß ein Ruhebänklein zum Rasten einladet; hier sind wir beim bekannten "Chrützbänkli", das bei der folgenden Legende seine bedeutende Rolle spielt.
Nach fünf Minuten weitern Aufstieges ist der Wald durchgangen. Wir betreten eine duftende Weide, die Schwendelbergweid oder Kapellenweid. Auf der Höhe grüßt eine kleine Wallfahrskirche, die uns unwiderstehlich den Vers Uhlands aufdrängt:
"Was schimmert dort auf dem Berge so schön, Wo die Sternlein hoch am Himmel aufgehn; Das ist die Kapelle still und klein, Sie ladet den Pilger zum Beten ein."
Lasset uns beten.
O Gott, der du gewollt hast, dass die hl. Anna durch die Mutterschaft Mariens der seligsten Jungfrau, Mitarbeiterin am Erlösungswerke deines eingeborenen Sohnes sei, verleihe uns, wir bitten dich, dass wir die Mutter deines Sohnes und ihre Mutter, die hl. Anna, auf Erden so verehren, dass wir in der Todesstunde uns deren Hilfe und Beistand erfreuen und dich im Himmel ewig loben und preisen können, durch Christum unsern Herrn. Amen.
Empfehlung in den Schutz der hl. Anna
Sei gegrüßt, o hl. Anna, durch das allersüßeste Herz Jesu Christi, du würdige Mutter der Gottesgebärerin Maria, welche du ohne Makel der Erbsünde geboren hast. Gebenedeit bist du über alle Frauen und gebenedeit ist deine hl. Tochter Maria. Gelobt und gebenedeit sei auch unser Herr Jesus Christus, der sich gewürdigt hat, dich zu seiner Großmutter auszuwählen und dich so mächtig gemacht hat, dass deine Verehrer alles erhalten, um was du für sie bittest. Mit großem Vertrauen komme ich zu dir, o hl. Anna, und flehe dich an, du wollest mir beistehen in allen Nöten des Leibes und der Seele, mir eine wahre Reue über meine Sünden erlangen und eine große Liebe Gottes und die Beharrlichkeit im Guten. Zur Vermehrung deiner Seligkeit opfere ich dir auf das göttliche Herz Jesu, demütig bittend, du wollest mich unter die Zahl derjenigen aufnehmen, die du besonders liebst und beschützest, damit ich durch deine Verdienste ein heiliges Leben und einen seligen Tod erlangen möge. Amen.
(Drei Vater unser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater etc., zur Danksagung für alle Gnaden, welche Gott der hl. Anna erwiesen.)
Über die Anfänge der Sankt-Anna-Kapelle bestehen keine Dokumente. In solchen Fällen entstehen mit Vorliebe Legenden, die mit wundersamen Erzählungen erklären, was sich im Geschichtsbewußtsein nur noch in Spuren erhalten hat.
Der Blick von hier auf die Napfausläufer schafft einen leicht verständlichen Bezug zu Trub. Dort bestand bis zur Reformation ein Benediktinerkloster, das 1528 aufgehoben wurde.
Als die Obrigkeit von Bern verfügte, auf ihrem Gebiet sei fortan der neue Glaube vorgeschrieben, mußten auch religiöse Statuen und Bilder entfernt werden. Nach der Überlieferung soll dabei die Statue Sankt Anna selbdritt aus dem Kloster Trub gerettet und in die Kirche Escholzmatt gebracht worden sein.
Die Legende schildert sodann, wie die Statue nachts von der Kirche ins Gebiet des Schwendelbergs versetzt worden sei. Weil sich dieses Mirakel mehrmals ereignete, sahen die Gläubigen darin die Aufforderung, der Mutter Anna hier eine Kapelle zu errichten.
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